V. Heuberger u.a.: Vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer

Titel
Vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer. Die Donau als Mittlerin europäischer Esskultur


Autor(en)
Heuberger, Valeria; Gottfried Stangler
Erschienen
Frankfurt am Main u.a. 2001: Peter Lang/Frankfurt am Main
Anzahl Seiten
168 S.
Preis
URL
von
Peter Mario Kreuter, Redaktion "Südost-Forschungen", Südost-Institut

Der Begriff «Donaumonarchie», obwohl ein so grosses Stück Europas geographisch und politisch umfassend, kann für manche Fragestellungen trotzdem zu eng sein. Sehr deutlich wird dies bei der Lektüre des Sammelbandes von Valeria Heuberger und Gottfried Stangler, der sich letztlich sogar der Wanderung von Speisen wie Döner und Joghurt von der Türkei und Bulgarien aus bis nach Deutschland annimmt. Dokumentiert werden mit dem vorliegenden Werk die Ergebnisse einer Konferenz gleichen Titels, die vom 3. bis zum 4. Juli 1998 im Stift Melk abgehalten wurde.

Insgesamt 15 Einzelstudien umfasst dieses Werk, die bis auf einen englischen Beitrag alle in deutscher Sprache verfasst sind. Neben länderspezifischen Studien zur bulgarischen, rumänischen, ukrainischen oder ungarischen Esskultur im Wandel der Zeit finden sich Beiträge, die die gesamte Balkanregion oder sogar den gesamten Flusslauf der Donau im Blick haben. Selbst für zwei sehr theoretisch ausgerichtete Beiträge zur Nahrungsvolkskunde an sich bzw. zu Stereotypen in der europäischen Esskultur liess sich noch Platz in diesem Sammelband finden.

Wie bei einem solchen Projekt nicht anders zu erwarten, ist die Qualität der einzelnen Beiträge doch unterschiedlich. So will der Rezensent nicht recht glauben, dass die Esskultur der Bulgaren einst und jetzt gerade einmal genug Material für etwas mehr als vier Seiten ohne eine einzige Fussnote liefern soll. Gleiches gilt für den Text über die ukrainische Esskultur, der nur wenig länger ist, dafür aber immerhin mit einer Literaturliste von vier Einträgen aufwarten kann, was angesichts der Grösse der Ukraine und der Mannigfaltigkeit der kulturellen Einflüsse in diesem Land fast schon spassig wirkt. Mancher Beitrag ist so vollgestopft mit Informationen, dass der Leser ihn mehrmals lesen muss, um den einzelnen Gedankengängen des Autors zu folgen. Es bleibt jedoch das Verdienst der Herausgeber, dass kein wirklich missratener Beitrag zu finden ist, und die Mehrzahl der Studien ist wirklich erhellend und informativ.

Gerade die beiden bereits eingangs angesprochenen theoretischen Beiträge von Editha Hörandner zur Nahrungsvolkskunde («Der Nahrungsvolkskundler am gedeckten Tisch») und von Klaus Roth zu Stereotypen in der europäischen Esskultur («Türkentrank, Gyulás, Joghurt, Döner») können uneingeschränkt zur Lektüre empfohlen werden. Ein drittes Highlight ist Valeria Heubergers Studie mit dem Titel «Spezereien, Gewürze und Süsses aus dem Morgenland», der auf überzeugende Weise ethnographische wie ökonomische Aspekte des Themas verbindet und die Handelswege innerhalb des osmanisch beherrschten Gebiets nachzeichnet. Was die acht Bildtafeln in der Mitte des Bandes betrifft, so sind diese zwar technisch hervorragend gemacht, doch erschliesst sich dem Rezensenten bei einigen davon nicht so ganz der Sinn und Zweck. Zwar sind blühende Obstbäume (Nr. 7) schön anzusehen, und auch der köstliche Apfelstrudel (Nr. 8) passt hervorragend zum Thema des Bandes, nur stehen diese beiden Bildtafeln ohne direkten Bezug zu einem Beitrag da, noch dazu ohne Bildunterschrift. Da hätte man sich doch mehr historische Aufnahmen in Schwarzweiss gewünscht, die der Tafel Nr. 3 nahekommen, welche bulgarische Gärtner beim Besteigen eines Donauexpressschiffes zeigt.

Das Fazit fällt trotz mancher Kritik im einzelnen positiv aus. Den Herausgebern gelingt mit dem Sammelband ein guter Überblick über die europäische Esskultur entlang der Donau. Durch die Einbeziehung von Fachleuten aus den Anrainerländern erhält der Band auch jene Internationalität, die dem Thema per se innewohnt. Besonders zu würdigen ist die Entscheidung der Herausgeber, neben Beiträgen zur konkreten Esskultur der Länder und Regionen an der Donau auch dem fachtheoretischen Diskurs Raum gelassen zu haben. Somit ist dieser Band nicht nur eine Sammlung von Fachtexten für den Spezialisten, sondern auch eine Einführung in die Esskultur Mittel- und Südosteuropas.

Zitierweise:
Peter Mario Kreuter: Rezension zu: Valeria Heuberger, Gottfried Stangler: Vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer. Die Donau als Mittlerin europäischer Esskultur. Frankfurt am Main u.a., Lang, 2001. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 55 Nr. 3, 2005, S. 375-376.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 55 Nr. 3, 2005, S. 375-376.

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